logo_green-6

Bei Kücks ist viel los

Eine Geschichte von Andrea Liebers mit Bildern von Sabine Hunecke

Die Maisonne lachte vom Himmel und ließ den See, der von hohem Schilfrohr umwuchert war, silbern aufglitzern. Überall trillerten und zwitscherten Vögel, Frösche quakten munter um die Wette und Bienen summten um die Blumen herum. Bei Kücks, der Entenfamilie, die ihr Nest versteckt im hohen Schilf hatte, war man in froher Erwartung: Mutter Kück hatte nämlich sieben große Eier gelegt. Nun brütete sie geduldig auf den Enteneiern und Vater Kück brachte ihr einen Leckerbissen nach dem anderen. Bald würde die Zeit gekommen sein, dass die Kleinen ausschlüpften.

Drüben im Nachbarnest, bei Schwans, erwartete man ebenfalls Nachwuchs: Mutter  Schwan saß auf einem Ei. Das war ungewöhnlich. Normalerweise gibt es bei Schwans auch immer mehrere Eier, und eigentlich hatte Mutter Schwan auch fünf große Schwaneneier gelegt.

Doch da war ein wilder Hund dahergekommen und mitten durch das Nest von Schwans gerannt - obwohl das genauso gut versteckt im Schilf liegt wie das von Kücks.

Vier Eier gingen dabei zu Bruch. Das war ein sehr trauriger Tag für Familie Schwan gewesen.

Bald waren bei Kücks alle Kücken geschlüpft. Mutter und Vater Ente waren den ganzen Tag beschäftigt, Futter herbeizuschaffen.

Schließlich konnte auch bei Schwans gefeiert werden. Denn die kleine Swanja war  ausgeschlüpft und verlangte lautstark nach Futter.

Doch das Unglück nahm kein Ende: Ein Jäger kam mit einem Gewehr und schoss Mutter und Vater Schwan tot. Obwohl das verboten ist.

Swanja kreischte erbärmlich, als ihre Eltern plötzlich leblos umsanken.
Kücks hatten die Schüsse auch gehört und duckten sich so tief es ging zwischen den Schilfhalmen. Hoffentlich würde der wildgewordene Schütze sie nicht sehen!

Zum Glück stapfte er an ihrem Nest vorbei auf der Suche nach neuer Beute.
Mutter und Vater Kück hörten das kleine Schwanenkind weinen.
"Wir müssen ihm helfen!", sagte Mutter Kück entschlossen. "Aber, wir haben selbst sieben kleine Entlein, die wir versorgen müssen. Wir können doch nicht noch einen Schnabel stopfen!", gab Herr Kück zu bedenken.

"Stell dir vor, wir wären tot geschossen worden. Würdest du dir dann nicht auch wünschen, dass Schwans sich um unsere Kleinen kümmern würden?"

Herr  Kück nickte bedrückt.

Glaubst du, die Kleine kann schon laufen?", fragte Mutter Ente.


"Ich glaube kaum", antwortete Herr Kück. "Sie ist doch erst zwei Tage alt!"  Er schämte sich ein bisschen, dass er vorgehabt hatte, Swanja einfach verhungern zu lassen. Eine Ente denkt zuerst an sich, dann an die Familie, und dann erst an Fremde. So hatte es ihm seine Mutter beigebracht.
"Es hilft nichts. Wir müssen die Kleine bewachen, wärmen und ihr Futter bringen, bis sie laufen kann. Dann nehmen wir sie zu uns ins Nest."

Das war eine lustige Begegnung! Denn die kleinen Kücken kannten Swanja ja nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Dass Swanja zwanzigmal so groß sein würde wie sie, das hatten sie sich nicht im Traum gedacht!

Da Swanja die Entensprache schon gelernt hatte und Herr und Frau Kück jetzt sowieso ihre Eltern waren, wuchs die ungewöhnliche Familie schnell zusammen.

Kücks mussten zwar so viel Futter herbeischaffen, als hätten sie 15 Kinder. Swanja hatte nämlich einen Riesenappetit. Das machte den Kücks aber nicht viel aus. Swanja gehörte inzwischen zur Familie und die kleinen Kücken spielten mit ihr wie mit einer großen  Schwester.

Schließlich kam die Zeit, da wuchs Swanja den Adoptiveltern über die Köpfe hinaus.

Herr und Frau Kück überlegten: "Wir müssen Swanja unbedingt die Schwanensprache beibringen, sonst wird sie sich nie mit ihresgleichen unterhalten können!"

Das war wahrlich ein Problem. Herr Kück erklärte sich bereit, für Swanja eine Privatlehrerin zu finden.
Er flog den ganzen See ab und fand schließlich eine etwas ältere alleinstehende Schwanendame. Sie willigte ein, allerdings nur unter der Bedingung, dass Kücks ihr jeden Tag eine Mahlzeit herbeischaffen sollten.

Schnabelknirschend sagte Herr Kück ja. Eine Schwanenmahlzeit herbeizuschaffen, war kein Zuckerschlecken. Aber da sie Swanja liebten wie jedes ihrer eigenen Kinder, sagten sie nicht nein.

So erhielt Swanja jetzt jeden Tag Unterricht. Sie machte glücklicherweise  schnell Fortschritte, so dass der Unterricht bald wieder eingestellt  werden konnte.

Als die Kücken ausgewachsen waren, mussten sie fliegen und schwimmen lernen.
"Ob Schwäne genauso fliegen und schwimmen wie wir Enten?", fragte Mutter Kück besorgt Vater Kück.
Der dachte lange hin und her und kam dann zu dem Schluss, dass es doch zumindest ähnlich sein müsste.
Am nächsten Tag wollten sie es versuchen. Die sieben Entlein stolzierten Mutter Ente hinterher und am Ende lief Swanja, die sie alle freilich an Größe weit überragte.

Es war alles kinderleicht, so leicht, wie  es sich keiner vorgestellt hatte. Die Enten und Swanja schaukelten auf  dem Wasser, als ob es nie eine Zeit ohne Wasser gegeben hätte.

Da war das Fliegenlernen schon schwieriger.
Nach einer Woche hatten es die kleinen Enten geschafft, und nach zwei Wochen konnte auch Swanja fliegen.
Das war ein Fest! Es wurde bis spät in die Nacht gefeiert und alle waren glücklich.

Plötzlich zogen - kurz vor Mitternacht - schwere Wolken auf und verdunkelten den  Himmel, der bis dahin hell vom Mond erleuchtet war. Ein schreckliches Gewitter braute sich zusammen. Es blitzte und donnerte ganz Furcht erregend. So ein schlimmes Unwetter hatten die Eltern Kück noch niemals in ihrem ganzen Leben erlebt.

Da hagelte es plötzlich riesiggroße Eisstücke vom Himmel herab, so groß wie Taubeneier. Swanja breitet ihre Flügel aus. "Versteckt euch unter meinen Flügeln, sie sind groß genug  für euch alle!" rief sie den ängstlichen Enten zu.

"Aber, wenn dich die Eisbrocken treffen, dann ...", rief Mutter Kück besorgt.
"Keine Widerede!" sagte Swanja. "geht unter meine Flügel!"

Familie Kück suchte dankbar Schutz unter den ausgebreiteten Flügeln von Swanja.

Das Gewitter tobte und wütete. Blitze zuckten und Hagelkörner verwüsteten das Schilf. Halme zerbrachen und der Schlamm am Ufer wurde aufgewühlt.  Die Fische flüchteten auf den Grund des Sees und zitterten.

Denn die Blitze erhellten den See und grell leuchtete es unter Wasser auf, wenn ein Blitz zur Erde fuhr. Der Donner erschütterte die Erde und der See schlug hohe Wellen.

Nach ein paar Stunden war das furchtbare Gewitter vorbei. Wie durch ein Wunder war Swanja von den Hagelbrocken verschont geblieben. Als sich am Morgen die ersten Sonnenstrahlen  zwischen den Wolken hervorwagten, fielen Swanja vor Müdigkeit die Augen zu. Glücklich schlief sie ein. Endlich hatte sie den Kücks ein wenig  dafür danken können, dass sie ihr als kleines Schwanenkind das Leben  gerettet hatten.



Nachwort

Buddha lehrte, dass Großzügigkeit, Disziplin, Geduld, freudige Anstrengung, Meditation und Weisheit allen Lebewesen auf dem Weg zur Erleuchtung helfen. Diese Eigenschaften werden die sechs "Paramitas" genannt.  Übersetzt heißt "Paramita" "das, was das andere Ufer erreicht hat",  nämlich das Ufer auf der anderen Seite der Selbstsucht.

Die Geschichte von Kücks und dem Schwanenkind Swanja illustriert die Eigenschaft der Großzügigkeit.

 

 

 

.

[buddhakids.de] [Buddha] [Buddhas Lehre] [Schulen] [Leben] [Machen] [Kraft und Ruhe Tanken] [Natur-Mandala] [Geschichten] [Achtsam sein] [Versuch mal meditieren] [Übung macht den Meister] [Worte] [Brief einer Kuh] [Natur- und Umweltschutz] [Gutes tun] [Kalligrafieren] [Eltern und Schule] [Lies ein Buch] [Hör mal rein] [Was ist neu] [Impressum]